Red ma übers Geld, Teil 3

Warum ist es eigentlich so schwierig, als Gemüsebauer/-bäurin ein faires Einkommen zu bekommen?

Zunächst befindet man sich als Lebensmittelproduzent immer in der heiklen Spanne von: Essen ist ein Grundbedürfnis und soll für alle leistbar sein – und – Essen zu produzieren ist körperliche Arbeit, die viel Know How und Risikobereitschaft erfordert.

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine Politik etabliert, die Lebensmittelproduzierende stark subventioniert, es werden also Fördergelder ausgezahlt – so können die Lebensmittel für weniger Geld verkauft werden, als sie wert sind, weil die Landwirt*innen ein zusätzliches Einkommen durch Förderungen haben. Diese werden von der Allgemeinheit, den Steuerzahler*innen bereitgestellt. Keine schlechte Idee könnte man meinen, immerhin kommt es so zu einer gewissen Umverteilung. Immerhin: auch wenn manchen Menschen die Lebensmittelpreise manchmal teuer vorkommen – noch nie zuvor haben Menschen einen so geringen Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen, wie in den letzten Jahrzehnten. Im Verhätnis zu den durchschnittlichen Einkommen ist Essen also so billig wie noch nie. Dennoch: steigen die Preise nur ein wenig, so erhitzen sich schnell die Gemüter – zurecht wohl nur bei einkommensschwachen Menschen – denn sie müssen natürlich auch genug Gesundes zum Essen haben.

Das Problem an der Sache: Nicht jede*r Landwirt*in wird gleich gefördert. Es gibt Kriterien dafür und diese sind nicht gerade zugunsten der kleinen Betriebe – im Gegenteil. Lange herrschte (und herrscht) das Paradigma, das größere Betriebe durch Industrialisierung effizienter und so billiger arbeiten – weshalb Förderungen flächengebunden sind. Das heißt: um so mehr Fläche, desto mehr Kohle. Sicherlich hatten Großbauern auch mehr Einfluss auf die Förderrichtlinien, als Kleinbauern.
Welcher Mehrwert durch die Bewirtschaftung entsteht ist bei der Förderung egal – Großbauern können trotz aller Mechanisierung manchmal ineffizient sein, den Böden, Menschen, Tieren und der Natur schaden und bekommen dennoch ihr Geld. Und gar nicht wenig – viele Bauern leben mehr von den Förderungen als von dem was sie an Lebensmittel verkaufen.

Für Klein-Bäuer*innen macht dieses System das Leben schwer: die Preise werden gedrückt, sie erhalten so wenig Förderung, dass es sich kaum lohnt, den Papierkram dafür zu erledigen – oder gar keine, weil sie zu klein sind oder der Aufwand die Mühen nicht wert ist. Dabei sind es vor allem Kleinbäuer*innen die nachhaltig, ökologisch wirtschaften, Kulturflächen erhalten und darüberhinaus – weltweit gesehen – immer noch die Welt ernähren! Ja, das glaubt man im industrialisierten Europa kaum, aber weltweit gesehen, sind es kleine Landwirtschaften, die dafür sorgen, dass niemand verhungert. Sie sind auch weniger krisenanfällig. Dort, wo große Industrielandwirtschaft zunehmend Kleinbauerntum verdrängt, kommt es zu mehr Lebensmittel-Unsicherheit – vor allem wenn es eine schwache Regierung gibt, die Krisen nicht abfedern kann.

Man könnte sagen: Gefördert wird nicht die Lebensmittelversorgung, sondern Großbauern. Das ist auch der Grund, warum in Österreich und fast überall die Kleinbäuer*innen aussterben. Es war politisch gewollt und gesellschaftlich eine Katastrophe. Zum Glück steigt das Bewusstsein darüber, was es bedeutet, wenn es keine Kleinbäuer*innen mehr gibt. Immer mehr rufen zu einer Kehrtwende in der Landwirtschaftspolitik.
Vorschläge, wie es anders sein könnte, gibt es genug. Die internationale Organisation von Kleinbäuer*innen „Via Campesina“ bzw. der ÖBV haben viele alternative Förderungs-Möglichkeiten vorgestellt, zum Beispiel die Bindung an Arbeitszeit statt Fläche. Wen das interessiert, der kann diese Vorschläge in den Veröffentlichungen der jeweiligen Organisationen nachlesen.

Sicherlich gibt es noch andere Gründe, warum es wir „Kleinen“ so schwer haben. Ein schlecht regulierter Markt zum Beispiel: in anderen Ländern können Lebensmittel mit noch mehr Ausbeutung noch billiger produziert werden – mit solchen Preisen mitzuhalten ist oft nicht möglich. Dieser oder andere Gründe bräuchten wohl auch ein eigenes Hummelgesumsel, für heute belasse ich es aber dabei. Wir hoffen, dass wir als Ackerhummel ein bisschen zur Bewusstseinsbildung beitragen können.

Tobias Schlagitweit


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