Red ma übers Geld

Auf Anregung eines Freundes teile ich diese Woche einige Gedanken zum Thema Geld bzw. den Preisen unseres Gemüses. Wir freuen uns, wenn Menschen mit uns darüber ins Gespräch kommen, immerhin ist ein fairer Austausch unser Ziel. 🙂

Zu Beginn eine Ankündigung: In den ersten drei Wochen, in denen wir in Neustift einen Marktstand hatten, hatten wir die Preise nicht ausgeschildert, ein Versäumnis aufgrund Zeitmangels uns um Schilder zu kümmern. Die letzten 2 Wochen haben wir provisorisch eine handgeschriebene Preisliste ausgelegt, um die Transparenz zu erhöhen. Ab morgen haben wir endlich kleine Täfelchen, auf denen die Preise gut sichtbar sind. Wir hoffen, da dem Wunsch nach mehr Transparenz nachzukommen, der sicherlich da war, und auf den uns ein Freund aufmerksam gemacht hat. Danke dafür! Wir hoffen, dass unser Versäumnis bei niemandem Unbehagen ausgelöst hat bzw. dass wir es so wieder gutmachen können!

Nun zum eigentlichen Hummel Gesumsel: Geld ist nicht unser Lieblingsthema. Am liebsten kämen wir ohne aus. Immerhin kommen wir mit wenig aus: minimalistisch Leben lässt einen die Energie auf wichtigere Dinge im Leben lenken. Vorausgesetzt man hat eine gewisse finanzielle Sicherheit, was uns dazu zwingt, ein Einkommen zu erwirtschaften; in unserem Fall: die Erzeugnisse unserer Landwirtschaft für Geld zu verkaufen.

So weit so „normal“. Wir benötigen also Preise – doch wie können wir diese sinnvoll festlegen?
Um ein grobes Bild zu bekommen, schauen wir uns meist zunächst die Preise vergleichbarer Gemüse-Landwirtschaften an. „Vergleichbar“ deswegen, weil wir uns nicht mit den Preisen industrieller Gemüsewirtschaft (egal ob Bio oder nicht) vergleichen können, denn diese können durch die Ausbeutung von Boden, Menschen und Erdölreserven ihr Gemüse wirtschaftlich für Preise verkaufen, die uns standardmäßig nicht möglich sind, sofern wir diese Ausbeutung ablehnen. Diese „Unvergleichbarkeit“ bei den Preisen von industriellem Gemüsebau zu nachhaltigem kleinbäuerlichen Anbau ist bei manchen Gemüsen besonders schlagend (Beispiel Erdäpfel) bei anderen weniger (Beispiel Salat).

Beispiel Erdäpfel: Solche aus dem Supermarkt werden auf großen Feldern mit entsprechenden Maschinen angebaut. Eine der wichtigsten Maschinen ist die Spritzmaschine, denn Erdäpfelkäfer und Krautfäule werden von größeren Bio Betrieben normalerweise mit Neem, Bacillus Thuringiensis und dergleichen gespritzt. Das spart sicher mehr als die Hälfte des Arbeitsaufwandes im Vergleich zu Betrieben, die selbst auf diese biologisch zugelassenen Mittel verzichten und Erdäpfelkäfer einsammeln oder mechanisch fernhalten. Wollen solche Betriebe (wie wir) dennoch einen fairen Preis, so muss dieser aber deutlich höher sein als bei gespritzten Erdäpfeln. Die Preise zu vergleichen ist ein bisschen wie (Erd)Äpfel und Birnen zu vergleichen. Hinzukommt die Sortenwahl: alte Sorten erhalten und Geschmack über Ertrag zu stellen ist uns wichtiger als ausschließlich ertragreiche Sorten anzubauen. Diese Raritäten sind dementsprechend preislich mehr wert.

Beispiel Salat: Auch hier setzen wir zwar auf samenfeste Sorten und verzichten auf Hybride, wie sie herkömmlicherweise (auch in Bio) vor allem im Sommer angeboten werden. Dennoch kann Salat auch biologisch-kleinbäuerlich relativ leicht und schnell angebaut werden. Industrie-Gemüsebauern haben weniger Vorteile und so sind auch die Preise relativ ähnlich.

Nach einem groben Preisvergleich mit anderen Anbietern überlegen wir uns vor allem: Wie viel Aufwand ist eine Kultur?

Aufwand = Ansprüche in der Jungpflanzenanzucht + Pflanzenfamilie bzw. Ansprüche an Fruchtfolge + Platzbedarf der Kultur am Feld + Pflegeaufwand am Feld + Nährstoffbedarf (Düngung?) + Ernteaufwand
Dieser Aufwand muss finanziell zumindest großteils abgegolten werden, will man sich nicht selbst anlügen.

Es gibt noch weitere Faktoren, die den Preis beeinflussen können, wie der Zeitpunkt. Die ersten Früherdäpfel, Karottenbünde, Paradeiser etc. sind üblicherweise etwas teurer. Eine verfrühte Ernte kann nämlich mehr Risiko, mehr Qualität, mehr Nachfrage bedeuten.
Qualität, Gewicht bzw. Größe sind natürlich auch wichtige Faktoren in der Preisgestaltung. Bei uns kostet ein kleiner Krautkopf oder Brokkoli natürlich weniger als ein großer. Paradeiser und Fisolen wiegen wir ab und verkaufen die Portionen nach ihrem Gewicht. Bei Paradeiser kommt noch dazu: Cocktailparadeiser und Fleischparadeiser sind aufwändiger bzw. schwerer zu kultivieren als klassisch rote Ertragssorten. So kostet eine Schale mit bunten Raritäten mehr als eine Schale mit ausschließlich roten Salattomaten.

Preise finden ist also äußerst komplex und für uns ist es definitiv eine schwierige Lernerfahrung. In den letzten Jahren haben wir nur bei SoLaWis gearbeitet, wo Gemüse keinen Preis hat, sondern die Menschen, welche das Gemüse bekommen, die Landwirtschaft mit einem selbst gewählten Beitrag finanzieren. Preise finden müssen wir erst lernen. Im Austausch mit Kunden und anderen Anbietern oder aufgrund neuer Erfahrungen im Anbau passen wir unsere Preise immer wieder an. Gleichzeitig wollen wir uns auch in eine Richtung entwickeln, wo Preise nicht mehr so wie bisher gebraucht werden. Mehr dazu ein anderes Mal.

Unser Ziel ist letztendlich einfach formuliert und unendlich schwer umzusetzen:
Wir wollen die Region mit nachhaltigem Gemüse versorgen, für alle Menschen leistbar sein und selbst davon gut leben können.

Was das genau bedeutet und wohin die Reise gehen soll, dazu im zweiten Teil, hoffentlich nächste Woche folgt. 😉

Solidarische Grüße, Tobias


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