Die Auswirkungen des feucht-kühlen Julis werden immer spürbarer. Deshalb werde ich mich – wie schon die letzten Wochen – an dieser Stelle kurz (!) über das Wetter beschweren, bevor ich zum eigentlichen Thema komme: Die täglichen Regenschauer und kühlen Nächte haben uns einen ganzen Freiland-Gurken Satz ohne einer einzigen Gurke vergammeln lassen; die Tunnel-Gurken sind zwar noch produktiv, haben aber ebenfalls bereits den Kaltwetter-Mehltau, der normal erst im Spätsommer kommt; Salate beginnen zu faulen, obgleich noch jung; Saatgut muss nass geerntet werden oder verschimmelt im Samenträger; Sommergemüse wächst nur sehr zögerlich; usw. Mögliche Konsequenz: nächstes Jahr ein zweiter Folientunnel und mehr geschützter Anbau?
Nun aber zum Thema, denn der reißerische Titel schreit nach einer Erklärung. Und obwohl das Wort „Krieg“ vorkommt, soll der Text eher ein Lichtblick, als ein weiterer deprimierender Beitrag sein.
Krieg ist in aller Munde und in vielen Ländern. Sudan, Kongo, Ukraine, Gaza, … Dabei wurde uns in der Schule beigebracht, dass nach dem zweiten Weltkrieg eine Friedensperiode begonnen hätte und die EU ein Friedensprojekt sei. Die EU, die derzeit das Zeitalter der Aufrüstung proklamiert – und wer Waffen sät, wird Kriege ernten, das war bisher noch immer so. Ja, selbst im „Kalten Krieg“, der gemeinhin als Aufrüstungsspirale mit friedlichem Ende gilt.1
Doch wie kann die Welt wirklich Frieden finden? Braucht es wirklich mehr Aufrüstung, Grenzmauern und Freihandel? Oder vielleicht doch etwas ganz anderes?
Die nötigen Voraussetzungen für währenden Frieden hat 1963 der Äthiopische Kaiser Haile Selassi I in einer Rede an die Vereinten Nationen auf sehr beeindruckende Weise ausgedrückt. Durch den Musiker Bob Marley, der seine Worte in ein Lied packte, wurden sie weltbekannt und es lohnt sich, sich daran zu erinnern:
„Solange eine Philosophie eine Rasse für überlegen erklärt
Und ein Andere für minderwertig
Bis diese [Philosophie] endlich und für alle Zeit
Angeprangert und aufgegeben wird
Ist überall Krieg
Ich sag es ist Krieg
Solange es keine Bürger erster und zweiter Klasse in keinem Land mehr gibt
Bis die Hautfarbe eines Mannes nicht wichtiger ist als die Farbe seiner Augen
Gibt es Krieg
Solange, bis die grundlegenden Menschenrechte für alle gleichermaßen garantiert sind
Ungeachtet der Rasse
Ich sage, es ist Krieg
Bis zu diesem Tag, wird der Traum von dauerhaftem Frieden, von Weltbürgerschaft, vom Regieren internationaler Moral,
eine flüchtige Illusion bleiben, deren Verwirklichung wir uns wünschen,
die aber so nie zur Realität werden kann.
Jetzt ist überall Krieg
Krieg
Und bis die schändlichen und traurigen Regime, die unsere Brüder in Angola,
In Mosambik, Südafrika
In unmenschlicher Knechtschaft
Gefesselt halten, nicht gestürzt und völlig zerstört sind,
Ist überall Krieg
Ich sage Krieg
Krieg im Osten
Krieg im Westen
Krieg im Norden
Krieg im Süden
Krieg, Krieg
Kriegsgerüchte
Und bis zu diesem Tag, wird der afrikanische Kontinent keinen Frieden finden
Wir Afrikaner werden kämpfen, wir wissen, es ist notwendig
Und wir wissen, dass wir gewinnen werden,
weil wir wissen, dass das Gute über das Böse siegt
Gutes über Böses, ja!
Gut über Böse…“
(Eine kurze Anmerkung dazu: Manchmal sprechen Menschen großartige Worte, ohne sie selbst gänzlich umzusetzen. Obgleich Kaiser Haile Selassie viel Weisheit ausstrahlte und wohl viele Errungenschaften zu verzeichnen hat, sollte man nicht vergessen, dass es auch unter seiner Herrschaft Benachteiligung, Hungersnöte und Krieg gab.)
Frieden durch Gerechtigkeit also.
Krieg entsteht dort, wo Völker ausgebeutet und alleingelassen werden. Dort, wo Extremisten das Elend und die Abwesenheit von Solidarität ausnützen können, um durch Feindbilder an die Macht zu kommen. Dort, wo jahrzehntelange oder gar jahrhundertelange Ungerechtigkeit herrschte, durch Kolonialismus, durch ein System globaler wirtschaftlicher Ausbeutung, durch räuberischen Kapitalismus und der folgenden Spaltung der Gesellschaft.
Nein, keine Waffen, keine neuen Mauern, kein „Freihandel“ werden verhindern können, dass neue Sündenböcke gefunden und zu Waffen gegriffen wird; und schon gar nicht, dass Menschen davor fliehen werden.
Was einzig hilft – und es wäre machbar! – ist eine rasante Eindämmung der Klimakrise (statt ein Weiter-Wie-Bisher), eine Stärkung (inter)nationaler Solidarität (statt Rassismus) und ein faires Weltwirtschaftssystem (statt Neo-Kolonialismus).
All das sind Werte, die auch uns Ackerhummeln wichtig sind. „Nachhaltige, gesunde Lebensmittel leistbar für alle“ und importiertes Gemüse, das oft unter ausbeuterischen Verhältnissen erzeugt wird, durch lokale, saisonale, faire Produktion zu ersetzen – das sind zwei unserer Ziele.
Tobias Schlagitweit
- Anmerkung zum sogenannten „kalten Krieg“:
In den „ehemaligen“ Kolonien war der Krieg nämlich alles andere als kalt. In Vietnam, Kongo, Angola etc. wurden die Waffen der Weltmächte in Stellvertreter Kriegen reichlich eingesetzt. Die Opfer im Vietnamkrieg werden auf über 1,3 Millionen Menschen geschätzt und viele leiden bis heute unter den Folgen der Chemie-Waffen-Einsätze der Frieden- und Menschenrechts-bringenden Allierten. Auch Atomwaffen wurden übrigens reichlich verwendet: in der Sahara, wie anderen Wüsten und Weltmeeren. Die Sahara ist nicht unbewohnt und ihre Bewohner*innen hatten nichts mit den Kriegen zu tun. Sahrauis/Imajeghen/Imuhagh/Imushagh („die freien Menschen“) waren machtlos gegen die unhinterfragte Bombardierung und Versuchung ihres Lebensraums. ↩︎